Selbstverwirklichung

Selbstverwirklichung – was ist das genau? Der Wunsch nach Selbstverwirklichung ist in jedem Menschen angelegt. Selbstwahrnehmung und Selbsterkenntnis sind die Basis für Selbstverwirklichung. Selbstverwirklichung ist Antrieb für spirituelle Erforschung und inneres Wachstum, für Individualisierung, für die Suche nach Sinn und Tiefe. Die Definitionen von Selbstverwirklichung fallen unterschiedlich aus. Östliche traditionelle Weisheitslehren betonen den "weglosen Weg" zur tiefen Erkenntnis der Einheit mit der Quelle, dem göttlichen Seinsgrund jenseits von Zeit und Raum. In westlicher Philosophie und Psychologie geht es bei Selbstverwirklichung um Transformation des Egos und um Evolution, darum, das eigene Potenzial auszuschöpfen. Der Integrale Ansatz von Ken Wilber vereint beide Ansätze – also Sein und Werden – und definiert Selbstverwirklichung als Zusammenwirken von nondualer Zustandserfahrung und Bewusstseinsentwicklung in der Dualität der materiellen Welt. Erst das "Sowohl-als-auch" horizontaler und vertikaler Selbstverwirklichung (Wilber-Combs-Raster) ergibt also aus integraler Sicht eine wirklich umfassende Form der Selbstverwirklichung.



Märchen und einzigartiges Selbst

Nicht nur Kinder haben ihre Lieblingsgeschichten, die sie immer wieder hören wollen, sondern auch wir Erwachsene werden von Märchen, Geschichten oder auch Filmen begleitet, die wir besonders schön und faszinierend finden, wobei wir eigentlich nicht so recht wissen, warum. Immer taucht in einer solchen Berührtheit von bestimmten Motiven etwas im Menschen auf, das oft nicht ernst genommen wird – nach dem Motto: „Das ist doch nur eine Geschichte“.  Von Anna-Maria Lösche, Weiblichkeits-, Tanz - und Stimm-Balance-Pädagogin, Fachreferentin für ganzheitliche Frauenarbeit, Dozentin, Therapeutic Touch Practitioner, Wunstorf

Doch im Wesen und Weg all der Heldinnen und Helden können wir etwas von uns selbst erkennen. Da klingt etwas in uns an. In unserer Berührtheit und Begeisterung spiegelt sich ein Anteil von uns, der meist im Unbewussten schlummert, doch aus dem Verborgenen wirkt und sich im Erkennen wie ein roter Faden durch unser Leben zieht – der Impuls des einzigartigen Selbst. Viele mögen da sagen: „Einzigartig? Ich doch nicht. Ich bin doch ganz normal.“ Und doch gibt es in jeder, jedem von uns diese einzigartige Melodie, die Gott durch uns zum Klingen bringen möchte. Jeder Mensch ist wie ein Instrument, auf dem die universelle Liebe ein einzigartiges Lied spielt. Märchen oder Geschichten bringen diese Melodie zum Klingen. Es ist ein spannender Weg der Selbsterkenntnis, diese Kraft aus dem Unbewussten zu heben und sich über die eigene Besonderheit mit ihren Fähigkeiten, Chancen und Begabungen klar zu werden. Sich des einzigartigen Selbst bewusst zu sein und aus ihm heraus zu leben, bedeutet Glück und Erfüllung, vollständig unabhängig von äußeren Erfolgen. Das einzigartige Selbst ist eine tiefe Sehnsucht in uns.
Der Weg über Märchen, Symbole und Bilder ist deswegen so interessant, weil er nicht über unsere vorgefasste Meinung von uns selbst, unsere Konditionierungen und den Verstand geht, sondern durch den offenen, spielerischen Raum der Fantasie. Einen Raum, den wir als Erwachsene nur noch selten betreten und der doch unerkannte Schätze für uns bereithält. Um das Ganze näher zu erläutern, möchte ich ein wenig von meinem eigenen Weg erzählen und wie mir ein Märchen etwas von meinem einzigartigen Selbst gezeigt hat, noch bevor ich diesen Begriff oder das Wort „Spiritualität“ überhaupt kannte. Denn Märchen sind spirituelle Geschichten. Sie erzählen von der ewigen Suche des Menschen nach dem Wahren, Schönen und Guten, erzählen von Resilienz, von unglaublicher Kreativität, selbst die schwierigsten Krisen zu bewältigen und gestärkt aus ihnen hervorzugehen. Sie erzählen von Prozessen der Menschwerdung in Liebe und Vertrauen. Aus der Sammlung der Brüder Grimm, die ich als Kind so oft gelesen habe, war es immer „Allerleirauh“ (KHM 65), die mich ganz besonders berührt hat. Es ist die Geschichte einer vom Vater verletzten Königstochter, die sich in einem hohlen Baum verkriecht, in „Ställchen“ und Küche ein Aschenputteldasein fristet und nacheinander in den Kleidern von Sonne, Mond und Sternen auf den Ball des Königs kommt und mit dem König tanzt. Dieses „Rauhtierchen“ ist ein erniedrigtes Wesen, das sich vollständig in einem Mantel aus „tausenderlei Pelz“ verbirgt und es nicht wagt, sich in ihrer wahren Schönheit als Köngskind zu zeigen. Sie erscheint als wunderschöne Frau und verschwindet wieder unter dem Flickenmantel und in ihrem dunklen „Ställchen unter der Treppe“.
Nach meiner frühen kindlichen Begeisterung hat mich dieses Märchen nie losgelassen. Schon seit langem empfinde ich die Geschichte von Allerleirauh als Entwicklungsweg einer Frau, den ich selbst gegangen bin, noch weitergehe und auch als den Impuls meiner Arbeit des weiblichen Weges mit Frauen.  Der weibliche Weg geht immer nach innen, in den Rückzug, die Stille und das Alleinsein. Der Mantel aus „tausenderlei Pelz“ ist das Symbol für die wilde Instinktnatur, diesen Schutzraum, in dem wir Frauen, die wir alle mehr oder weniger vom Patriarchat verletzt sind, uns auf unsere weiblichen Urkräfte besinnen und regenerieren können. Dieser Ort liegt im Inneren und ist der Bauch- und Beckenraum, unser Schoßraum. Alle Heilwege für Frauen beginnen genau hier und es gibt heute viele Möglichkeiten, den Schoßraum zu heilen und dort dauerhaft Heimat zu finden. Mein Weg ging und geht immer weiter über den Tanz, insbesondere den Bauchtanz und natürlich über eine meditative, achtsame, sanfte und hingebungsvolle Atem- und Körperarbeit. Atmen und fühlen – jederzeit. Sich spüren im Schoßraum – jeden Abend vor dem Einschlafen.
Zum Heilungsprozess unter dem „Mantel von Rauhwerk“ gehören weiterhin intensive Aufenthalte in der (Wild-)Natur. Ich liebe unsere Erde, ich liebe es, in hohlen Bäumen zu sitzen und zu meditieren, im Moos zu liegen, mich im Wasser zu spiegeln, den Vögeln zu lauschen und was es sonst noch alles an wunderbaren Erlebnissen gibt, wenn frau sich der Natur anvertraut. Allerleirauh zeigt, wie eine Frau aus dem Rückzug in ihr wildnatürliches Sein ihre Seele, ihr Potenzial und ihr inneres Königinnentum – ihr Geburtsrecht neu entfalten und zu großer Stärke und Strahlkraft kommen kann. Die Kleider von Sonne, Mond und Sternen, die sie nach und nach überstreift, sind das Symbol für ein wahrhaft umfassendes Frau- und Menschsein, das im Bewusstsein der großen Kräfte der Schöpfung ist. Die Sonne steht für die feurige Energie des Männlichen, der Mond für die empfängliche des Weiblichen und die Sterne für das Wissen kosmischer, göttlicher Zusammenhänge, für das All, das All-eins-sein mit Gott. Allerleirauh zeigt mir, meiner Sehnsucht zu folgen, immer mehr von der Tiefe des Seins zu erfahren, sie zu leben und in ihr aufzugehen. Alle Protagonisten, die in einer Geschichte erscheinen, können als Anteile einer Persönlichkeit gesehen werden. Allerleirauh traut sich bis zum Schluss nicht, zu ihrer im Verborgenen gewachsenen Seelenschönheit zu stehen und sich darin zu zeigen. Sie befindet sich in einem Schwellenprozess, in dem sie sich immer wieder in den schützenden, weiblichen Pol der Unsichtbarkeit zurückzieht. Da braucht es dann die männliche Energie des Königs, der ihr am Ende mit einem Ruck der Entschlossenheit den Pelzmantel abzieht, dass das Sternenkleid hervorleuchtet und sie sich nicht länger verstecken kann. Auf meinem Weg musste auch ich lernen, mutige Schritte zu tun, um die „im stillen Kämmerlein“ entwickelten Ideen und Projekte auch tatsächlich umzusetzen und in die Welt zu bringen. Als Kind war ich sehr schüchtern. Weil ich stotterte, traute ich mich kaum, den Mund aufzumachen. Ich hatte jedoch Kraft und auch die Möglichkeiten, mir eigene Räume zu erschaffen, in denen ich das, was in meiner Seele lebte, ausdrücken konnte. Das war natürlich nicht immer von Erfolg gekrönt, doch der Impuls meines einzigartigen Selbst war immer stärker als die Angst vor dem Scheitern. Sich an die Lieblingsgeschichte der Kindheit erinnern oder vielleicht nochmal einen Lieblingsfilm anschauen – lassen wir doch unsere Fantasie und die Magie der Bilder zu uns sprechen! Die Energie des einzigartigen Selbst erinnert uns daran, dass wir alle Königskinder und Sternengeborene sind – und jeder Mensch das auf einzigartige Weise verkörpert. Wer sein einzigartiges Selbst mithilfe seines Lieblingsmärchens erkennen möchte, nutzt das Angebot „Märchen als Spiegel der Seele“. 


Märchen – Phantasie wider Realität?

Weihnachten werden im Fernsehen wieder Neuverfilmungen Grimmscher Volksmärchen gesendet. Die hohen Einschaltquoten der letzten Jahre – trotz des attraktiven Weihnachtsprogramms – zeigen die ungebrochene Begeisterung für das Märchen.  Von Anna-Maria Lösche, Weiblichkeits-, Tanz - und Stimm-Balance-Pädagogin, Fachreferentin für ganzheitliche Frauenarbeit, Dozentin, Therapeutic Touch Practitioner, Wunstorf

Wer sich auch als Erwachsener die Filme angeschaut hat, wird feststellen, dass sie alle mit Feingefühl, Phantasie, Spielfreude und Liebe zum Detail gedreht wurden. Doch vor allem wurden die psychologischen Hintergründe der Märchen sehr gut herausgearbeitet, die auf die zeitlose Aktualität der Motive hinweisen: Ablösungsprozesse junger Menschen auf dem Weg zum Erwachsenwerden und die Bewältigung schwieriger, oftmals aussichtslos erscheinender Lebenssituationen.

 

Wie schaffen es Märchenhelden und -heldinnen vom bettelarmen, schlecht behandelten und verachteten Menschenwesen zu königlichen Ehren und Reichtum zu kommen?

 

In Anbetracht der aktuellen gesellschaftlichen Situation ist es durchaus interessant, das einmal anzuschauen. Das König-/Königinnentum ist eine Metapher für das innere Königreich, das ich einnehme als meine Gabe, mein Potenzial, als das Schöne, das Gute und das Wahre, das durch mich in die Welt kommt.


Schon auf den ersten Blick lehren die Märchen Liebe, Demut und Mitgefühl als ausschlaggebende Faktoren auf dem Weg zu diesem Königreich. Im Gegensatz dazu werden Habgier, Hochmut und Grausamkeit eindeutig abgemahnt. Die Strategien, um Probleme zu lösen, sind vielfältig. Aber eines steht immer am Anfang: Das Märchen beginnt mit etwas, das zu Ende gegangen ist – etwas ging verloren, etwas wird entbehrt – und der Entscheidung der Hauptperson, das Schicksal nicht einfach hinzunehmen, sondern selbst aktiv zu werden und loszugehen.


Bis ans Ende der Welt


Die Aufgaben, die auf dem Weg erscheinen, können oft nur mit Unterstützung von Helferwesen menschlicher, tierischer oder zauberhafter Natur bewältigt werden. Diese begegnen den Helden als hässliche, unscheinbare, bedürftige Wesen, die um etwas bitten, das mit Freundlichkeit und Mitgefühl gegeben wird. Diejenigen, die achtlos und hochmütig vorbeigehen, bezahlen dafür mit Entmachtung durch Verzaubertwerden, mit Erniedrigung oder sogar mit dem Tod. Wer nicht auf das Leid der anderen achtet, bringt sich um die Chance, seinen Weg erfolgreich abzuschließen. Denn in den verachteten Wesen liegt der Schlüssel zum Gelingen.

 

Fleiß und Bescheidenheit sind zwei weitere Meilensteine auf dem Weg, die recht verstaubt und antiquiert klingen. Außerdem sind sie vor allem für Frauen mit der Unterdrückungsstrategie von Jahrhunderten behaftet, sich gefälligst fleißig und bescheiden im Hintergrund zu halten.

 

Aufs Heutige übersetzt, können Fleiß und Bescheidenheit bedeuten, konsequent, mit ganzem Einsatz ein Ziel zu verfolgen ("an etwas dranbleiben") und dabei ohne überzogene Ansprüche, maßvoll mit sich selbst und den vorhandenen Ressourcen umzugehen.

 

Oft werden aber auch fast übermenschliche Anstrengung und Geduld gefordert: In Eisenschuhen bis ans Ende der Welt zu gehen, schweigend Hemden aus Brennesseln herzustellen oder jahrelang blind durch die Wildnis zu irren. Es scheint in den Märchen immer wichtig zu sein, bis zum letzten alles zu geben, bis Erfüllung und Erlösung kommen können. Hingabe und Opferbereitschaft sind für das nötig, was man liebt, erstrebt, ersehnt. Da gibt es keine schnellen Lösungen, keine "Light"-Entwürfe. Die Zeit muss reif sein, da wird das menschliche Herz durch Entbehrungen und Verzicht zu Gold geschmiedet.

 

Und wenn der Weg bis zu Ende gegangen ist, erwarten die Heldin/den Helden dann noch die Konfrontation mit der Todesangst. Sie stellen sich Dämonen, Tod und Teufel entgegen, um für ihr Ziel zu kämpfen. Begleitet von ihren Helferwesen, entwickeln sie den Mut, mit aller Konsequenz für das einzustehen, was ihnen am Herzen liegt.


Das "Böse" zu vernichten hat nichts Moralisierendes an sich, sondern bedeutet, die Grenze den Wächtern in uns aufzuzeigen, die uns davon abhalten unser Potenzial von Liebe und Kreativität zu erfüllen.


Weibliche Sprache der Seele


Die Sprache der Märchen ist drastisch. Sie entstammt der weiblichen Sprache der Seele, die – ähnlich wie in Träumen – übertreibt, um auf etwas aufmerksam zu machen. Die Herzens- und Lebensschule der Märchen greift mit ihren Symbolen und Bildern nicht über den Verstand, sondern über die weiblichen Wege der Phantasie und des intuitiven Wissens, Wege, die durch die Überbetonung des Rationalen ziemlich zugewachsen sind, die sich aber auch jederzeit wieder lichten können.

 

Lieblingsmärchen der Kindheit, betrachtet mit einem erwachsenen, spirituell gebildeten Geist, können sich durchaus als wertvolle Helfer auf dem Lebensweg entpuppen und verborgene Themen zum Vorschein bringen, die noch der Erlösung bedürfen oder nicht ausgeschöpfte Potenziale erkennen lassen.

 

Märchen sind eben ursprünglich nicht als Kinderunterhaltung gedacht gewesen, sondern bringen damals wie heute Botschaften aus dem unerschöpflichen Reservoir menschlicher Entwicklungsmöglichkeiten.


Entdecke die Möglichkeiten

Wir alle kennen diesen Werbeslogan eines weltweit bekannten Unternehmens. Doch was hat dieser Slogan mit dem Thema "Selbstverwirklichung" zu tun?  Von Christiane Biemer, Diplom-Pädagogin, Psychologin, systemische Familien- und Paartherapeutin, Bielefeld

Im Laufe seines Lebens kommt fast jeder Mensch mindestens einmal an einen Punkt, an dem er zunächst nur vage und schließlich immer deutlicher spürt: so habe ich mir mein Leben nicht vorgestellt. Das kann sich auf den Beruf, die Partnerschaft, Familie oder ganz individuelle Eigenschaften bzw. Verhaltensweisen beziehen. Irgendwann wird die Unzufriedenheit so groß, dass sie mich antreibt, etwas in meinem Leben zu verändern. Oft ist es sinnvoll, sich zur Wegbegleitung professionelle Hilfe zu suchen. Denn: Was genau hindert einen Menschen daran, bestimmte Dinge für sich zu verändern? Vielfach sind es alte Glaubenssätze und Restriktionen aus der Herkunftsfamilie, die weiterhin wirksam sind und Weiterentwicklung erschweren. Die Offenlegung und Bewusstmachung ist das Eine. In einem nächsten Schritt geht es darum zu prüfen, inwieweit diese "alten", bislang übernommenen Sichtweisen … in mein heutiges Leben passen, was ich ablegen möchte, weil es mich in meiner weiteren Entwicklung hemmt. Am Ende ist es wichtig, mir selbst die "Erlaubnis" zu geben, neue Wege zu gehen.


Das Leben steckt voller Schwierigkeiten – aber es findet trotzdem statt!

Als Menschen können wir gar nicht anders, als unser Selbst zu verwirklichen. Jeder Mensch, ganz egal was er tut und wie er es tut, ist in jedem Moment seines Lebens dabei, sich zu verwirklichen Von Antje Uffmann, HP (Psych.), Bielefeld

Das essentielle Selbst ist der Same unseres Menschseins, in uns angelegt, um zu keimen, zu wachsen und zu blühen. C. G. Jung prägte dafür den Begriff der Individuation, was nichts anderes bedeutet, als ganz und gar der oder die zu werden, die ich bin. Sowie eine Birke auch nur eine Birke und ein Gänseblümchen ein Gänseblümchen werden kann. Die Bedingungen, in denen wir aufwachsen, prägen in großem Maße dieses Wachstum. Wir wachsen in bestimmte Formen, neigen uns zur Sonnenseite, und manche Schätze brauchen länger, um ins Licht zu kommen. Präventive Psychotherapie hilft herauszufinden, welche Bedingungen heute für mich wichtig sind, um Licht und Dünger zu den Anteilen meines Selbst zu bringen, die es bisher nicht so leicht hatten. Die gute Nachricht: Stagnation ist nicht möglich. Das Leben selbst initiiert immer wieder die nächsten Entwicklungsschritte. Wir gehen durch Lernprozesse und Krisen, wir erleiden Verluste, werden krank, verlieben oder trennen uns. Wenn es uns gelingt, diese Lebensimpulse aufzunehmen, erleben wir Fülle und Verbundenheit. Das einzige, was sich dem Lebensprozess in den Weg stellen kann, ist unsere Ich-Struktur mit ihren Konzepten von Polarität, Vergleich, Urteil, Leistungsdruck – Scheuklappen, die aus Angst entstanden sind. Das unterscheidet uns von der Birke: Wir sind die einzige Spezies, die gerne anders wäre als sie ist! Und letztendlich gehört auch dies dazu und kann als Kraft zum Wachsen dienen. Eine grundsätzliche Offenheit für die Verwirklichung des Selbst ist sehr hilfreich, wenn es darum geht, unser angestrengtes Ich zu entspannen. Wenn wir diesem Prozess täglich etwas Aufmerksamkeit schenken, haben wir eine gute innere Basis für die Zeiten, wenn das Leben uns in die Mangel nimmt. Offenheit für die wichtigen Fragen: Was fühle ich? Was brauche ich? Was möchte ich geben? Wo soll es hingehen mit mir in meinem Leben? So kann die Psychotherapie präventiv wunderbare Unterstützung sein bei der Selbstverwirklichung – und selbstverständlich auch, wenn "Land unter" ist. Das Leben steckt voller Schwierigkeiten, aber es findet trotzdem statt – das ist die Kernaussage der Selbstverwirklichung. Wir können uns selbst nicht verfehlen. Und jeder mutige Schritt hinein ins Erleben macht reicher und wirklicher.

Bis ans Ufer meiner Seele

Ich bin gewandert bis ans Meer, bis ans Ufer meiner Seele, im feuchten Sand, die Füße schwer, fragst du mich, warum ich das wähle Von Alma Katrin Wagener

Ich rief mich selbst während ich schlief, die lichte Weite zog mich an, und tauchen wollte ich, ganz tief, wo mich die Angst nicht länger finden kann ... Ich wollte sehen, wo das Denken endet, und spüren, wie mein Herz mich führt, erleben, wie mein Blick sich wendet, und meine Liebe mich berührt ... Mich trugen meine bloßen Füße hierher ans Meer, wo ich still fließe ... In mir ist alles weit und leer ...

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Selbsterkenntnis

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"Das vorliegende Buch versucht, sich den Fragen der Menschheit nach dem Grund unserer Existenz und der Frage nach Gott zu nähern, wobei ich verschiedene, ja, sogar gegensätzliche Thesen diskutiere. Dies ermöglicht es dem Leser, sich selbst eine Meinung zu bilden."

 

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Er sieht den Zweifel als eine spirituelle Gabe des Menschen an, "um vom einfachen Glauben zur unmittelbaren Erfahrung des Göttlichen vorzudringen und wirkliche Selbsterkenntnis zu erlangen." Themen: "Wie das Gehirn sein Ich erschafft", "Gott und die Evolution. Von Darwin bis Dawkins", "Gottes Wahrscheinlichkeit. Das Bayes-Theorem" ...

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Selbstwahrnehmung und Selbsterkenntnis sind die Basis für Selbstverwirklichung – ein Streben, dass offensichtlich im Menschen angelegt ist, aber nicht zu allen Zeiten bewusst erkannt wurde und auch nicht im Fokus des Interesses lag.  Von tg

Die Definitionen von "Selbstverwirklichung" fallen unterschiedlich aus, bereits die Begriffe "Selbst" und "Ich" bieten jede Menge Diskussionsstoff. Einig sind sich die meisten darin, dass es eine "falsche" Ich-Identität gibt – das Ego. Und ein wahres Selbst – den göttlichen Urgrund, die ewige, zeitlose Quelle unseres wahren Seins. Dessen Existenz wir vergessen haben, das es also gilt, wieder wahrzunehmen, zu erkennen und dadurch zu verwirklichen. Mithilfe der Kontemplation "Wer bin ich?" kehren wir zu unserem wahren Selbst "zurück". Östliche Weisheitstraditionen betonen diesen "weglosen Weg" zur Selbstverwirklichung durch die Entlarvung des Egos, durch die tiefe Erkenntnis der Einheit. Dabei wird (fast immer) das manifestierte Leben in der Dualität als Illusion, als "irreführender Ersatz" bezeichnet.

 

Östliche Weisheit und westliche Bewusstseinsforschung

 

In westlicher Philosophie und Psychologie geht es um Transformation des Egos, um "Ich-Transzendenz", darum, begrenzende Strukturen und Sichtweisen, Verletzungen und Schatten der Persönlichkeit zu bearbeiten, um zu seelischer Gesundheit zu gelangen. Maslows Bedürfnispyramide ordnet Selbstverwirklichung ganz oben ein, als Wunsch, das eigene Potenzial auszuschöpfen. Hier wird ein Entwicklungsweg sichtbar, der (auch) eine aktive Beteiligung in Form von innerer Arbeit benötigt.

 

Wie passen nun östliche Weisheit und westliche Bewusstseinsforschung zusammen? "Reicht" die Zustandserfahrung des Einsseins oder müssen wir uns Selbstverwirklichung im "illusorischen" irdischen Alltag erarbeiten?

 

Ken Wilber hat mit seinem Integralen Ansatz diese beiden scheinbaren Widersprüche so einfach wie genial miteinander in Beziehung gesetzt. Das Wilber-Combs-Raster zeigt den Zusammenhang von vertikaler menschlicher Evolution und horizontalen Zuständen bzw. Zustandserfahrungen, deren oberstes, spirituelles Ziel das Eintauchen in nonduales "reines Sein" ist. Wilber weist auf die "fünfte Kraft" des Universums hin (Eros/Liebe/GEIST), beginnend mit dem Urknall, die einen selbstorganisierenden Antrieb hat und nach höherer Komplexität strebt. Und nun den Punkt erlangt hat, das GEIST (göttlicher Seinsgrund) sich selbst erkennt, in der Dualität, in der Form, in uns Menschen. Dies ist keine Illusion, sondern Ergebnis ernsthafter Forschungen (z. B. "Spiral Dynamics" von Clare Graves und Don Beck oder "Selbst-Entwicklung" von Susanne Cook-Greuter), die belegen, dass sich Bewusstsein stufenförmig weiterentwickelt. Vereinfacht betrachtet von Körper zu Geist (Verstand) zu Seele, von egozentrisch zu ethnozentrisch zu weltzentrisch. Zustände, die Einheitserfahrungen einschließen, können auf jeder der Entwicklungsstufen bzw. -ebenen auftreten.

 

Verweilen und lustvoll fortschreiten

 

Aus integraler Sicht erfolgt Selbstverwirklichung also durch das tiefe Erkennen unseres göttlichen Seinsgrunds und gleichermaßen dank manifester Erfahrung unserer Göttlichkeit, die wir als uns stetig entwickelnder Mensch zum Ausdruck bringen. Wir können Eros, diesen kreativen Impuls, der seit Beginn der Zeit in uns und durch uns wirkt, in gewissem Maß willentlich beeinflussen – dahingehend, dass wir Bewusstseinsarbeit praktizieren, unser Ego transzendieren und zu integralen Ebenen "aufsteigen". Gleichzeitig stärken wir unseren Seinsgrund, z. B. durch Kontemplation und Meditation. Wir kommen von einer Sichtweise des "Entweder-oder" zu einem (paradoxen) "Sowohl-als-auch".

 

Selbstverwirklichung erhält durch das Wissen um Entwicklungsstufen eine gleichgewichtige Komponente, die den "weglosen Weg" östlicher Weisheitstraditionen, das Verweilen im Hier und Jetzt, um das lustvolle Fortschreiten in allen Formen der sicht- und erfahrbaren Welt erweitert. Ein Fortschreiten, das transzendiert und integriert und immer mehr Liebe, Mitgefühl, Verbundenheit und Freiheit freisetzt. Integrale spirituelle Praxis führt das Selbst, dass sich in seiner absoluten Verbundenheit und relativen Einzigartigkeit erfährt, auch über sich selbst hinaus, aus der Perspektive der ersten Person (Ich) zur Perspektive der zweiten Person (Wir) und zur Perspektive der dritten Person (Es). Integrale Selbstverwirklichung schließt letzlich alle Lebewesen, die gesamte (manifeste) Welt mit ein, denn sie ist nicht selbstsüchtig, sondern erfüllt, so erfüllt, dass sie unweigerlich überfließt.


Lebe deine Einzigartigkeit!

„Eigentlich bin ich ganz anders, ich komm’ nur viel zu selten dazu. Du machst hier grad‘ mit einem Bekanntschaft, den ich genauso wenig kenne wie du“, singt Udo Lindenberg, unter Anlehnung an ein Zitat von Ödön von Horváth, in seinem Hammer-Hit „Ganz anders“. Und verspricht: „Ich bin gar nicht der Typ, den jeder in mir sieht, und das werd’ ich euch bei Zeiten auch alles noch beweisen.“  Von tg

Stimmt das? Leben wir nur ab und an das Leben, nach dem wir uns sehnen? Weil wir uns selbst nicht kennen? Weil wir uns lieber anpassen? Die tägliche Routine unsere Möglichkeiten überschattet und wir die Erfüllung unserer Träume auf später verschieben? Um endlich unser Ding zu machen, „egal was die andern sagen“. Wenn’s sein muss, „gegen die Strömung, gegen den Wind“.


Keine Panik! Eins ist gewiss: „Wir sind ein Wunder – du und ich“. Vertrödeln wir nicht die  Zeit. Machen wir uns auf die Suche nach diesem Wunder. Hier und jetzt. Wissen wir erst mal, wer wir sind und was uns zu einem Individuum macht, müssen wir weder uns selbst noch anderen etwas vormachen oder beweisen. Dann können wir sein wie wir sind, uns voll entfalten und einzigartig handeln.

Willkommen im Nichts!


(Spirituelle) Menschen sind daran interessiert, mehr über sich selbst herauszufinden. Die Zauberworte heißen Selbsterkenntmis und Selbstverwirklichung. Bei der Meditation geht es u.a. darum, sich in die Frage „Wer bin ich?“ zu versenken und zum göttlichen Kern vorzustoßen, dem zeitlos und ewig währenden Seinsgrund. Hier entdecken wir unser wahres, wirkliches, höheres Selbst und unser Bewusstsein erwacht. Wir sind all-eins mit dem gesamten Universum. Die Suche ist vorbei, denn was wir im Außen gesucht haben, war immer schon da. Wir müssen nur nach innen schauen, Vorstellungen und Konzepte über uns und die Welt auflösen und in den Zustand unserer wahren Natur eintauchen. Derart überwinden wir unsere falsche Ich-Identität, das kleine, relative, getrennte, endliche, egoistische Selbst mit seinen Beschränkungen, Anhaftungen und leidvollen Erlebnissen.


„Erleuchtung führt zur Disidentifikation von den Erfahrungen der Sinne und dadurch zur Befreiung von den psychologischen Nöten des Denkens und Fühlens, die illusorisch sind“, sagt Ramesh S. Balsekar, ein Vertreter der indischen Weisheitslehre der Nicht-Dualität, Advaita. „Dich, der du für andere eine individuelle Wesenheit mit Form, Substanz und bestimmten Vorstellungen zu sein scheinst, gibt es einfach nicht. Du bist als du selbst einfach nichts.“


Hoppla!

Das innere Lächeln


Ich bin also nicht das, was ich zu sein scheine und auch nicht das, was ich zu sein glaube. Als Individuum bin ich ein Nichts. Meine wahre Natur ist ein universales, unverfälschtes, ganzheitliches Selbst, in dem sich meine Persönlichkeit in etwas Großem, Vollkommenen, Faszinierenden und Unfassbaren auflöst. Und auch – Udo wird es ungern hören – in etwas Unbeweisbarem.

 

Wer einmal sein wahres Selbst erfahren hat, berichtet von Leere, Stille, Licht, Gnade, Glückseligkeit, Allverbundenheit, Vertrauen, Geborgenheit, Gelassenheit, vibrierender Energie, glitzernder Pracht, von einem inneren Lächeln u. v. a. m. Und ist sich gewiss: Das bin ich in Wahrheit!


Was fange ich nun damit an? Als ein Nichts in der illusorischen Welt da draußen, mit meinen Mitmenschen, meinen Wünschen, Vorlieben, Ängsten, Problemen, dem Stress auf der Arbeit, meinem Panikorchester?


Keine ...! Das Wunder „du und ich“ bedeutet nicht nur all-eins-sein in der Leere. Das „Nichts, das du bist“, ist vielmehr „die Fülle des Ganzen“. Mit der Verwirklichung des wahren Selbsts erlischt die vermeintliche Dualität. Es kommt zur von spirituellen Traditionen gelehrten Einheit von Leere und Form. „Ein Mensch, der zu seinem innersten Wesenskern gefunden hat, ist so voller Leben, dass er sein Leben über alles ergießt, wo er auch hingeht.“ (Osho)


Alles klar?

Spirituelle Mathematik


Okay. Mit der Gewissheit, dass ich allverbundene Leere bin, lebe ich den Alltag in der Fülle des Nichts. Als Mister (oder Mrs) Nobody? Oder wie oder was?


Gut möglich (und verständlich), dass einige tief durchatmen: „Moment mal, das gibt‘s doch nicht, das krieg‘ ich in meinen Kopf nicht rein“. Erleuchtung hin, Erleuchtung her – Menschen unterscheiden sich voneinander, verhalten sich unterschiedlich, seien sie voller Leben oder voller Frust. Haben verschiedene Ansichten, Ziele, den Traum, „ein Segelboot zu klau‘n und einfach abzuhau‘n“. Besitzen eine Fülle an subjektiven Ausdrucksmöglichkeiten, die nicht immer von einem Lächeln begleitet werden. Soll das ausschließlich unerleuchtete Illusion sein?
Keine Panik! Wir kommen der Lösung näher.


Wer schon mal beim Satsang unter der Leitung eines Gurus nach der höchsten Einheit gestrebt hat, durfte feststellen, dass Erleuchtete auf z.T. sehr spezielle und individuelle Weise Meinungen vertreten, Dinge interpretieren und Handlungen ausführen, die mitunter wenig erleuchtet erscheinen. Eine ernüchternde wie heilsame Erfahrung.


Kann folglich (auch) das verwirklichte wahre Selbst auf dem Holzweg sein?


„Ey hör’ mal“, was der geniale, interdisziplinäre Denker Ken Wilber „dir singt“: „In allen empfindenden Wesen ist die Gesamtsumme aller wahren Selbste eins.“ Punkt. Und jetzt kommt’s: Gleichzeitig gibt es etwas grundsätzlich Verschiedenes in jedem von uns. „Es gibt ein wahres Selbst, doch dieses manifestiert sich als und durch so viele Perspektiven, wie es empfindende Wesen gibt.


Die Formel dafür lautet: Ein wahres Selbst + Perspektive = einzigartiges Selbst.“


Und schon „rückt die Individualität ins Blickfeld, die früher auf dem Weg zur Entdeckung des einen wahren Selbst ausgelöscht wurde.“


Gott sei Dank!  
 
Eine Frage der Perspektive


Mithilfe von Perspektive retten wir die Individualität und erhalten unser einzigartiges Selbst. Was aber genau meint Wilber mit Perspektive? Perspektive ist die Art und Weise wie jede/r Einzelne in und auf die Welt schaut. Dabei ist Perspektive etwas zutiefst Individuelles. Die Sichtweise, der Bezugsrahmen. Die Brille, mit der man/frau seine/ihre Umgebung wahrnimmt, interpretiert und beurteilt. Mit allen Sinnen, mit Gedanken und Gefühlen, Körper, Geist und Seele. Gefärbt von kulturellen und sozialen Prägungen, Charakter und Strukturen, Stärken und Schwächen. Und jede/r hat eine andere Brille auf!


Denken wir das Ganze konsequent zu Ende, dann hat nicht jede/r eine Perspektive, sondern ist eine (einzigartige) Perspektive. Frei nach Udo ausgedrückt: „Ganz tief in meinem Herzen drin, da kam vor mir noch keiner hin“.


Sind wir etwa wieder beim kleinen, egoistischen Selbst gelandet?


Jein. Hier ist der entscheidende Knackpunkt.


Zur Erinnerung: (Östliche) Weisheitstraditionen entlarven das manifestierte Leben in der Dualität als Illusion, als „irreführenden Ersatz“. Was dabei passiert ist, dass sie auf dem (weglosen) Weg zum wahren Selbst alles und jeden ungeprüft über Bord werfen. Trotzdem ist ein Erleuchteter, sobald er interpretiert und handelt immer noch ein Kind seiner Entwicklung. Was man/frau achtlos über Bord schmeißt, wird als Müll wieder angeschwemmt. Therapeuten können ein Lied davon singen. Udo? „Nichts haut einen Seemann um!“


Hingegen geht es in (westlicher) Philosophie und Psychologie bei Selbstverwirklichung nicht darum, das Ego (das übrigens jede/r erst einmal entwickeln muss) zu verleugnen, sondern zu transformieren. Kein wegloser Weg – ein hartes Stück Arbeit, bei der Ängste, verdrängte traumatische Erlebnisse, blockierende Muster, Schatten u. v. m. verstanden und möglichst integriert/geheilt werden. So befreit sich das „kleine Selbst“ von seinen engen Begrenzungen (anstatt ins kalte Wasser geschmissen zu werden) und ist offen für Weiterentwicklung.


Moderne integrale Forschungen würdigen einerseits die durch traditionelle Weisheitslehren eingehend untersuchte Zustandserfahrung des wahren Selbsts. Andererseits – und im Gegensatz zu traditionellen Weisheitstraditionen – integrieren sie die Erkenntnisse von Philosophie, Psychologie und Wissenschaft. Mit ihnen das Know-how über die Evolution von Mensch und Bewusstsein. In spiritueller Hinsicht hört sich das so an: Gott (der ewige Seinsgrund, die Existenz, die Quelle, wie immer man/frau es nennen will) schaut durch mich, durch meine einzigartige Verkörperung in die Welt, erfährt sich selbst in der Manifestation in jedem fühlenden Wesen auf einzigartige Weise. Gott will sich durch mich erkennen und hin zu mehr Liebe, Mitgefühl, Freude, Freiheit, Verantwortung, Verständnis, Komplexität und Ganzheit aktiv entfalten. Die (gut geputzte) Brille auf der Nase, in Menschengestalt das Potenzial in der Form verwirklichen.


Noch mal zum Mitschreiben: Aus integraler Sicht erfolgt Selbsterkenntnis und Selbstverwirklichung durch das tiefe Erkennen unseres göttlichen Seinsgrunds (wahres Selbst) und gleichermaßen dank Wertschätzung (!) der manifesten Erfahrung unserer Göttlichkeit, die wir als uns stetig entwickelnder Mensch (Perspektive) einzigartig zum Ausdruck bringen. Ein wahres Selbst + Perspektive = einzigartiges Selbst.


Udo wird es gern hören – es lässt sich doch bei Zeiten was beweisen.

Theorie und Praxis


Wie setzen wir diese integrale Gleichung konkret um? Im Alltag, beim Segelboot klau‘n, bei dem, was uns sonst am Herzen liegt. Mit der ganz eigenen Masche?


1. Meditieren. Die beste Möglichkeit, das wahre Selbst zu entdecken, erforschen und verwirklichen. Im Alltag, im Hier und Jetzt Achtsamkeit üben. Beobachten. Präsent sein. Kurz: „aufwachen“!


2. Die Brille putzen. Das kleine Selbst mit seinen Erfolgen und Niederlagen, seinen im Laufe des Lebens entstandenen Konditionierungen,  Schatten, förderlichen und behindernden Gedanken, Gefühlen, Verhaltensweisen aufrichtig und liebevoll erforschen. Die Selbst-Identität dabei wertschätzen, ihre Begrenzungen liebevoll aufweichen und über sich selbst hinauswachsen. Das kann man/frau in einer professionell geleiteten Selbsterfahrungsgruppe machen, die sich dieser Thematiken annimmt. In der Gemeinschaft bekommt man/frau Feedback und Unterstützung. Stellt zudem fest: Ich bin nicht der/die Einzige mit Problemen auf der Suche nach Identität. Bei schweren Traumata ist eine Psychotherapie sinnvoll. Das Thema insgesamt: „aufräumen“!


3. Wissen. Beschäftigung mit der Evolution des Bewusstseins mithilfe des integralen Ansatzes. Buchtipps: „Integrale Spiritualität“ und „Integrale Meditation“ von Ken Wilber. „Integrale Lebenspraxis“ von Ken Wilber, Terry Patten, Adam Leonard, Marco Morelli. Perspektiven und das einzigartige Selbst rücken, theoretisch und praktisch, in den Fokus. Der Sinn: „auftauchen“ und „aufwachsen“!
    
Der Weg ist das Ziel


Drei große übergeordnete Module – das wahre Selbst entdecken / das kleine Selbst kennen- und liebenlernen / integrale Theorie und Praxis – führen uns auf die Spur unserer Einzigartigkeit.


Puh! Hört sich an nach einer Sternenreise. Bis ans Ende der Welt. Ist es auch. Beinahe.


Keine ...!


„Man lebt auf dieser Welt und sucht das Glück“. Richtig, Udo. „Das kann man ja auch mal so sehen“. Ja doch. Da jede/r sowieso den Wunsch in sich trägt, sich besser zu verstehen und seinen eigenen Weg zu gehen, warum orientierungslos herumeiern?


Meditieren geht überall und jederzeit.


Die Arbeit an und mit dem kleinen Selbst ist langwierig, anstrengend, mitunter erschütternd und braucht Neugierde, Mut und Hilfestellung. Eine realistischere Einschätzung und wunderbare, befreiende Einsichten sind der Lohn.


Der integrale Ansatz gibt gerade spirituellen Menschen, die ausschließlich auf das unveränderliche wahre Selbst gesetzt haben, ihre Individualität zurück und die Möglichkeit sich weiterzuentwickeln. Begriffe wie das Gute, Wahre und Schöne, Freiheit, Vielfalt, freier Wille und Verantwortung gewinnen wieder an Bedeutung.


Fähigkeiten – integral als „multiple Intelligenzen“ bezeichnet – sind als innerer Impuls spürbar und warten auf ihre Entdeckung und Entfaltung. Doch diese Talente werden jetzt weder nur aus der radikalen Sicht eines wahren Selbsts oder nur aus dem Empfinden eines getrennten Wesens (kleines Selbst) gelebt, sondern als wahres Selbst mit einer subjektiv gefärbten Perspektive. „Das macht die Aktivitäten eines Menschen einzigartig“, erkärt Wilber.

Der kleine Mann im Ohr


Geht es um Fähigkeiten und Talente, meldet sich schnell der innere Kritiker, die Meckertante, der kleine Mann im Ohr: „Immer schön auf dem Teppich bleiben!“ und „Auf dich hat die Welt nicht gewartet!“ oder schlicht und einfach „Das kannst du nicht!“.


Da wir das kleine Selbst durchschaut haben (siehe Punkt 2), die Dinge von einer höheren Warte aus betrachten (Punkt 1), hören wir nicht hin. Stattdessen horchen wir in uns hinein. Gibt es etwas, für das wir „brennen“, was wir für richtig und wichtig erachten? Was würden wir gern tun, wenn wir unseren Wünschen, Träumen, Visionen freie Fahrt gewährten? Wo liegen unsere Stärken? Sind wir auf einem Gebiet Experte?


Begabungen und Eigenschaften befördern uns nicht zwangsläufig aufs Siegerpodest. Doch die Ausübung von Fähigkeiten, die uns zu eigen sind, fällt (häufig) leicht, lässt uns die Zeit vergessen, gibt Zufriedenheit, erfüllt Handeln mit Sinn. Ganz nebenbei festigen, verfeinern und verbessern wir Talente (Punkt 3): (Bewusstseins-)Entwicklung fußt auf Bestehendem, schließt dieses ein und geht stets einen Schritt weiter, überschreitet Grenzen, betritt Neuland, Stufe für Stufe.


Das menschliche Spektrum an kreativem Potenzial ist unerschöpflich. Das kann eine musikalische, eine sportliche, handwerkliche, mathematische Fähigkeit sein. Der grüne Daumen, Fotografie, Malerei, Tanz und Kochkunst. Engagement im kulturellen und sozialen Bereich.


Talente und Eigenarten ziehen sich wie ein roter Faden durch unsere Biografie und machen uns zu introvertierten Erfindern, extrovertierten Abenteurern, einsamen Wölfen, Partylöwen, coolen (Lebens-)Künstlern, spirituellen Suchern. Zu Menschen, die Herzensgüte, Durchsetzungsvermögen, Fantasie, Humor haben, gut zuhören, mitfühlen. „Ich war mein eigner Thriller, Original und Parodie.“ Ja, Udo. „Ich werde mich nicht ändern, werd kein anderer mehr sein, weil’s eh schon schwer genug ist, einfach nur ich zu sein.“


Ist der kleine Mann im Ohr am Zetern? Einfach mal den Partner, die Partnerin, Freunde und Freundinnen oder alle zusammen bitten, einen Brief an Sie zu verfassen, in dem sie aufschreiben, was sie an Ihnen schätzen, lieben, gar bewundern. Immer wieder lesen. Das tut gut und beflügelt!


Zudem ist es der Mühe wert, ausgetretene Pfade zu verlassen, verwaistes Terrain zu erkunden. Manchmal stoßen wir auf eine seltene Gabe gerade dort, wo wir sie nicht vermuten.
 
Ein Geschenk an die Welt


Die in der Leere ruhende Existenz möchte sich durch jede/n Einzelne/n von uns, unsere essenziellen Qualitäten, unser persönliches Wachstum in der Fülle der Welt wahrnehmen und ausdrücken. Alles ist miteinander verbunden, ist im Fluss, ist ein ständiger Lernprozess. „Lebe dein eigenes Selbst und ruhe in der Unendlichkeit“, empfiehlt Wilber, und es steigt die „tiefste Freude auf, die überhaupt vorstellbar ist ...“


Es gilt, offen für Inspiration zu sein (Krishnamurti), an seine Berufung zu glauben (Marie Curie), ein wenig zu träumen (Walt Disney). Im Extremfall „muss man sein Herzblut vergießen“ (Carmen Sylva) oder „systematisch Verwirrung stiften“ (Salvador Dali). Begeisterungsfähigkeit und die Sehnsucht danach, unserer Seele Ausdruck zu verleihen, ermuntert zu einfallsreichem Tun, egal in welcher Form.


Mit all unseren unnachahmlichen Facetten tragen wir zum großen Ganzen bei. Schließlich ist das einzigartige Selbst nicht selbstsüchtig, sondern so erfüllt, dass es unweigerlich überfließt. Mal sanft und still, mal kraftvoll und laut. Mal zarter Duft, süßer Geschmack, markanter Klang. Machen wir uns selbst und der Welt unsere Einzigartigkeit zum Geschenk! Jede/r ganz anders. „Ich geb’ dir alles, was ich bin, das ist mein Versprechen“. Danke, Udo!


Egoismus – Altruismus

Das Ich, das Wir und der Klebstoff von allem was Menschen trennt und was sie verbindet.  Von tg

Laut einer 2019 vom Institut für Demoskopie Allensbach veröffentlichten Studie erwartet die „Generation Mitte“ in den kommenden Jahren weniger Respekt, weniger Zusammenhalt und mehr Aggressivität und Egoismus. Ermüdung durch die anhaltende Pandemie sowie Existenzängste, geschürt durch Krieg, Inflation und Klimawandel, führen dazu, dass solidarisches Verhalten scheinbar immer mehr schwindet, während egoistische Interessen und der Ruf nach persönlicher Freiheit in den Vordergrund drängen. Dabei sind Lösungen für Krisen im derzeitigen Ausmaß nur in Kooperation möglich. Mit Bescheidenheit, Demut und uneigennütziger Hilfsbereitschaft stärken wir den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Wie aber wird jede/r Einzelne ihrem/seinem Platz im Spannungsfeld zwischen gesunder Individualität und Selbstlosigkeit gerecht?

 

Dass Egoismus in einem Satz mit Aggressivität, mangelndem Respekt und bröckelndem Zusammenhalt genannt wird, macht deutlich: dieser Begriff ist definitiv negativ belastet. Dabei bedeutet Ego ganz einfach „Ich“ – und im erweiterten Sinn „Identität“ und „Individualität“. Daran ist erst mal nichts auszusetzen. Wäre da nicht die Nachsilbe -ismus, die in Verbindung mit einem Substantiv eine Geisteshaltung, Lebenseinstellung und Weltanschauung kennzeichnet, die häufig abschätzig beurteilt wird und deshalb einen schlechten Beigeschmack hat. Das Antonym, also das Gegenwort, Gegenteil von Egoismus, heißt Altruismus. Hiermit ist eine als positiv(er) eingestufte selbstlose Denk- und Handlungsweise gemeint. Da die Welt kein Schwarz-Weiß-Fim ist, gibt es Zwischentöne und differenzierte Betrachtungsweisen. So spricht mancher von gesundem Egoismus und Authentizität und diagnostiziert in altruistischem Verhalten ein Helfersyndrom oder gar selbstsüchtige Interessen. „Selbstlosigkeit ist ausgereifter Egoismus“, behauptete gar der irische Schriftsteller Oscar Wilde. Ja, was denn nun? Schauen wir genauer hin.

 

Ist das Ego gut oder schlecht?

 

Ego bedeutet „Ich“. Doch: Wer bin ich? Wobei wir gleich bei der alles entscheidenden Frage sind, der sich Klient*innen von Psychologen und Psychotherapeutinnen und Anhänger spiritueller Lehrerinnen und Meister früher oder später stellen müssen. Denn wer nicht weiß, wer er bzw. sie in Wahrheit ist, wird sich selbst (und andere) nicht verstehen und verändern können.

 

Aus psychologischer Sicht stellt das Ego ein  Selbstbild dar. „Ich bin Feelgood Manager“, „Ich bin zu dick“, „Ich bin schön“ sind typische Sätze für ein vor allen Dingen äußerliches Bild, das sich jede/r von sich selbst macht und das sich aus vielen Faktoren zusammensetzt: aus (vermeintlichen) Tatsachen, Überzeugungen, Glaubenssätzen, Bewertungen, Schattenanteilen, dem Vergleich mit anderen, den persönlichen, kulturellen, gesellschaftlichen Prägungen und Konditionierungen, dem emotionalen Auf und Ab.

 

Ein Bild kann immer nur ein Abbild sein, nie das Original, nie die gesamte Sicht auf die Wirklichkeit. „Kurzum, was der Mensch als seine Eigenidentität empfindet“, erklärt der geniale interdisziplinäre Denker und Autor Ken Wilber, „umfasst nicht direkt den Gesamtorganismus, sondern nur eine Facette dieses Organismus, nämlich sein Ich. Das heißt, er identifiziert sich mit einem mehr oder weniger zutreffenden geistigen Selbstbild, zusammen mit den Verstandes- und Gefühlsprozessen, die mit diesem Selbstbild einhergehen“. Wie verzerrt die Selbsteinschätzung sein kann, merken wir, wenn wir Freundinnen, Bekannte oder Fremde darum bitten, uns ehrlich zu sagen, wie sie uns sehen (was natürlich ebenfalls subjektiv ist).

 

Der psychischen Ich-Identität kommen wir auf die Spur, wenn wir uns fragen, wie wir sein, gesehen und behandelt werden möchten und wie auf keinen Fall. So erkennen wir, was unser Selbstbild zusammenhält und was es gefährdet. Ist es jemandem beispielweise von großer Bedeutung, stark zu sein, fürchtet er sich vor Schwäche. Möchte jemand ernst genommen werden, hat er, bzw. das Ich, Angst davor, ausgelacht zu werden. Verständlicherweise wird viel Energie aufgebracht, um das – konstruierte und eingeschränkte – Ego zu schützen und aufrechtzuerhalten. Dementsprechend handeln wir. Schließlich möchte niemand von Gefühlen wie Bedeutungslosigkeit, Sinnlosigkeit und Einsamkeit überwältigt werden.

 

Ist das Ego nun gut oder schlecht? Richtig oder falsch? Lassen wir Bewertungen beiseite und ordnen möglichst objektiv ein.

 

Jeder Mensch hat ein Ego. Ist ein Neugeborenes noch symbiotisch mit Mutter und Umwelt  in einem prä-personalen, grenzenlosen Zustand verschmolzen, so entwickelt es bald ein subjektives Selbstempfinden, beginnt, etwas außerhalb von sich selbst zu erkennen – Objekt und Subjekt werden als voneineinder getrennt wahrgenommen. Mit der Zeit schält sich ein Individuum heraus, lernt zu interagieren, wird erwachsen, verfeinert seine Individualität, findet seinen Platz in der dualen Wirklichkeit, festigt diesen mithilfe des Egos, das mit Überlebens- und Erfolgsstrategien Form und Stabilität gibt.

 

Das Ego ist, wie beschrieben, ein konditioniertes, geprägtes (Überlebens-)Konstrukt, abhängig von äußeren Umständen und wohlmeinender Bestätigung. Es will beschützen, engt dadurch aber ein, weil es relativ unflexibel ist und Konrollverlust fürchtet. Das führt – obwohl im Außen (kurzweilige und flüchtige) Verbindung gesucht wird – zu Abspaltung und Trennung, Abgrenzung zu dem, was größer ist als das Ego und als fremd, unheimlich und feindlich empfunden wird. „Da neue Einsichten das Ego gefährden könnten, wird an alten Mustern festgehalten und alles abgestoßen, was es verunsichern könnte“, beschreibt der Psychologe, Psychotherapeut, Philosoph und Autor Sylvester Walch diesen Abwehrmechanismus.

 

Der entscheidende Punkt ist, dass „einem Individuum nicht nur eine Identitätsebene zur Verfügung steht, sondern viele“ (Ken Wilber). Außerdem weitere Perspektiven, ein typischer Charakter und unterschiedlich ausgebildete Fähigkeiten. Sowie Zustandserfahrungen, über die wir in Kontakt mit dem unbegrenzten Selbst treten können und unsere wahre Natur zum Strahlen bringen. Womit wir zu den Themen Bewusstsein(sentwicklung) und transpersonale, transzendente Erfahrung kommen.

 

Einen Schritt zurücktreten

 

Wenn das, was als Ich empfunden wird, nur das Produkt eigener Gedanken und Gefühle ist, stellt sich die Frage: Wann bin ich wirklich ich selbst?

 

Die innere Suche nach der eigenen Identität wird häufig ausgelöst durch eine Sinnkrise, durch Konflikte, seelische Belastungen, Umbrüche, die das Selbstbild ins Wanken bringen, das Zusammenleben mit anderen erschweren und professionelle Hilfe nötig machen. Ein Psychologe oder eine Psychotherapeutin kann unter Zuhilfenahme diverser Techniken die Selbstwahrnehmung schulen. Prägungen und Handlungsmuster, die aus der eigenen Geschichte resultieren, werden erforscht und erkannt. Neugierig, liebevoll und ohne Bewertung und Vorverurteilung soll der Blick erweitert, das Grübeln über Vergangenes in unmittelbares Erleben und Verarbeiten verwandelt werden. Dabei geht es um Transformation des Egos, um „Ich-Trans-zendenz“, darum, begrenzende Strukturen und Sichtweisen, Verletzungen und Schatten der Persönlichkeit zu bearbeiten, um zu seelischer Gesundheit zu gelangen.

 

Maßgeblich hilfreich ist es, andere Betrachtungswinkel als die subjektive, innere Perspektive der ersten Person „Ich“ miteinzubeziehen, immerhin stehen uns zwei (bzw. drei) weitere große Dimensionen zur Verfügung.
So nimmt man/frau in der Begegnung mit anderen die „Wir“-Perspektive (intersubjektive zweite Person) ein. Besonders intensiv wird dies in einer Liebesbeziehung erlebt: zwei Ichs „kreieren“ ein inneres Wir-Feld. Etwas Neues entsteht, im besten Fall getragen von Offenheit, Herzenswärme, Zuwendung und Verständnis. Das Ich rückt ein wenig in den Hintergrund, schafft Raum für ein anderes Ich, in der gemeinsamen Schnittmenge namens Wir. Prallen zwei Egoisten aufeinander, ist die Trennung vorprogrammiert, bevor überhaupt eine echte Verbindung zustandekommen kann.

 

Raus aus dem inneren Chaos, einen Schritt zurücktreten. Von der objektiven Perspektive der dritten Person „Es“ aus betrachtet man/frau sich von außen. Mit ein wenig Abstand und kühlem Kopf sehen die Dinge etwas anders aus.

 

Mit der kollektiven Perspektive der dritten Person „Sie“ ist es möglich, von außen objektiv durch die Augen vieler zu schauen und die soziale Dimension des Miteinanders zu erfassen.

 

Diese drei (bzw. vier) Dimensionen der Wahrnehmung werden auch das Schöne (erste Person), das Gute (zweite Person) und das Wahre (dritte Person) genannt.

 

Gut zu wissen: Jede/r hat einen bestimmten Charakter, der ihm/ihr mehr oder weniger ein Leben lang einen eigenen Ausdruck verleiht. Zudem Fähigkeiten und Talente, die sich trainieren und über Entwicklungslinien verfeinern lassen. Manch eine ist ein mathematisches Genie, aber wenig sportlich, ein anderer künstlerisch begabt und an Zahlen kaum interessiert. Eigene Stärken wertschätzen, Schwächen relativieren und annehmen unterstützt die Eigenakzeptanz und besänftigt den neidischen Blick auf die, die es scheinbar besser oder schlechter hinkriegen.
Wie bereits in Bezug auf ein Neugeborenes erwähnt, entfaltet sich Bewusstsein fortwährend evolutionär (mindestens) seit Menschheitsgedenken und zeigt sich individuell, kulturell, gesellschaftlich und in aufeinander aufbauenden Bewusstseinsebenen, die nach und nach über Stufen erklommen werden. Grob gesehen geht es von einer egozentrischen über eine ethnozentrische auf eine weltzentrische Bewusstseinsebene. Es verdeutlicht, dass die egozentrische Sicht nur den Beginn der persönlichen Entwicklung darstellt. Mit der ethnozentrischen Ebene wird das „Wir“ erklommen, mit der weltzentrischen das „Wir alle“. „Dieser Schritt vom Ethnozentrischen zum Weltzentrischen ist verbunden mit der Entwicklung des ‚Gemeinwohls‘ aller Wesen und insofern ‚spirituell‘, als wir uns hier mit Dingen identifizieren, die alle fühlenden Wesen miteinander teilen.“ (Ken Wilber)

 

Stichwort „Spiritualität“. Selbstverwirklichung ist das Ziel jeder spirituellen Suche. Womit wir uns den Zustandserfahrungen zuwenden.

 

Ohne Ego ist auch (fast) kein Zustand

 

Östliche Weisheitstraditionen betonen den „weglosen Weg“ zur Selbstverwirklichung durch die Entlarvung und Auslöschung des Egos und die tiefe Erkenntnis der Einheit. Dabei wird (fast immer) das manifestierte Leben in der Dualität als Illusion, Schauspiel, als „irreführender Ersatz“ beschrieben. Es gibt nur ein höheres, universales Selbst – den göttlichen Urgrund, die ewige, zeitlose Quelle unseres wahren Seins. Dessen Existenz wir vergessen haben, das es also gilt, wieder wahrzunehmen, zu erkennen und dadurch zu verwirklichen. Meditation führt von grobstofflichen über feinstoffliche zu kausalen und nondualen Zuständen jenseits von persönlicher Identität. Mit der Erkenntnis unseres wahren Selbst löst sich die Frage „Wer bin ich?“ auf im unendlichen Raum der Leere (oder Fülle), jede Sinnfrage wird im Nu sinnlos – wir sind mit allem verbunden, all-eins. „Der wesentliche Punkt ist, dass ‚du‘ einfach nicht als individuelle Wesenheit existierst“, so Ramesh S. Balseker, ein Vertreter der indischen Lehre der Nicht-Dualität, Advaita.

 

Die Erfahrung unseres göttlichen Urgrunds ist immens wichtig, beglückend, erweiternd. Sie gibt eine unbeschreibliche Gewissheit, überwindet die Trennung und schafft Verbindung am tiefsten Punkt unserer Existenz.

 

Richtig ist, dass in der nondualen Zustandserfahrung des reinen Seins das Ego quasi nicht mehr existiert. Ein Irrglaube ist es jedoch, dass es ausgelöscht wurde. Zustände sind temporär, und selbst ein Erleuchteter interpretiert, spricht und handelt aus seiner individuellen, körperlichen Daseinsform heraus. Sind Bewusstseinsentwicklung, Schatten, Perspektiven und unbewusste Persönlichkeitsanteile, die zum Werden des Menschen gehören, nicht auf dem Schirm, kann selbst Selbstverwirklichung zum Egotrip werden. Die egozentrische Entwicklungsstufe des Bewusstseins kann weder ausgelöscht noch übersprungen werden (was davon abgesehen äußerst heikel für die Psyche wäre), sie sollte gesund integriert werden. „Das personale Selbst ist im universalen Selbst in zweifacher Hinsicht aufgehoben: Es ist in ihm beherbergt und hat sich zugleich überschritten“, erläutert Sylvester Walch. Und jetzt?

 

Der Integrale Ansatz von Ken Wilber vereint beide Ansätze – Sein und Werden – und betont die Wichtigkeit des Zusammenwirkens von (nondualer) Zustandserfahrung und Bewusstseinsentwicklung in der sicht- und erfahrbaren Dualität der materiellen Welt. Erst das „Sowohl-als-auch“ horizontaler (Sein) und vertikaler Verwirklichung (Werden) ergibt aus integraler Sicht eine umfassende Form der Selbstverwirklichung. Sie schließt letzlich alle Lebewesen, die gesamte Welt mit ein, denn sie ist nicht selbstsüchtig, sondern erfüllt, dermaßen erfüllt, dass sie unweigerlich überfließt.

 

Manifestiert sich das universale, wahre Selbst und schaut durch die Augen eines Menschen, der sich seines Egos, seines Charakters und Entwicklungsstandes, seiner Schatten, Talente und Perspektiven bewusst ist, erstrahlt die unverwechselbare Individualität jedes/jeder Einzelnen als einzigartiges Selbst, mit einem ganz eigenen Klang, Geschmack. Und allen Möglichkeiten, die einem menschlichen Wesen zur Verfügung stehen.

 

Kooperation, Solidarität, Altruismus

 

Als entscheidende Triebkraft der Evolution bezeichnete der Naturforscher Charles Darwin den den Kampf ums Dasein und prägte den Terminus „Survival of the Fittest“ (wobei er nicht das Überleben des Stärksten, sondern des am besten Angepassten meinte). Der Evolutionsbiologe Richard Dawkins macht sogar ein egoistisches Gen für Konkurrenzverhalten und Handeln zum eigenen Vorteil verantwortlich.
Mittlerweile ist bekannt: Kooperation ist in der Natur weit verbreitet, wodurch die Überlebenschancen erhöht werden. Teamgeist ist Erfolg versprechend und dient auch dem eigenen Nutzen. Sogar ein reziproker (wechselseitiger) Altruismus wurde beobachtet. Es wird unterstützt, um (zu einem späteren Zeitpunkt) Unterstützung zu erhalten. Ebenfalls eine Win-Win-Strategie.

 

Altruistisch – bewusst, freiwillig, uneigennützig, bedingungs- und selbstlos – zum Wohle eines anderen Individuums handeln, kann (wohl) nur der Mensch. Wahrscheinlich ist dies sogar ein angeborenes Verhalten, denn bereits bei Kindern im Alter von eineinhalb Jahren wurde beobachtet, dass sie aus einem natürlichen Antrieb heraus anderen Kindern helfen.

 

Aber warum sind Erwachsene egoistisch? Geht der angeborene Altruismus verloren, obwohl die Bewusstseinsentwicklung voranschreitet und den Geist offener, das Herz einfühlsamer macht? Ist es vielleicht eine willentliche Entscheidung, die wir (notgedrungen) treffen?

 

Die moderne Massengesellschaft hat den Homo oeconomicus hervorgebracht. Dieser handelt rational, leistungsorientiert, gewinnmaximierend und im Eigeninteresse. Um das (erwachsene) Kind beim Namen zu nennen: Neoliberalismus ist effektiver Egoismus. Nicht nur die Wirtschaft, auch die Politik und unser Alltag werden von dieser Philososophie des Wettbewerbsdrucks beherrscht (und postmoderne oder integrale Bestrebungen sind global gesehen immer noch im Hintertreffen). Jeder kämpft für sich allein – wer sich nicht anpasst, die Ärmel hochkrempelt und die Ellbogen ausfährt, wird schnell zum Verlierer. Und paradoxerweise fördern die sozialen Medien im Internet, in denen Interaktion und Begegnung nur noch virtuell stattfindet, zwar die freie Meinungsäußerung, bieten aber auch eine Plattform für Narzissmus, anonymen Neid und Hass. Insgesamt gesehen ist das sozialer Sprengstoff, der in Zeiten, in denen nichts mehr sicher scheint, umso explosiver wird.
Doch die sich zuspitzenden globalen Probleme und Krisen, denen nicht selten egomanes Verhalten zugrunde liegt, lassen sich weder mit Egozentrik noch allein mit Geld oder Macht bewältigen. „Dem Mächtigen geht es primär um den Erhalt und die Steigerung seiner Macht, und alle anderen Zwecke sind dem untergeordnet. Er kann also gar nicht zum Besten des gesamten Systems handeln“, konstatiert der Philosoph, Geschichtswissenschaftler und Autor Wilfried Ehrmann. Und wer Freiheit einfordert, aber Eigenverantwortung ablehnt, aus Frust

rückwärtsgewandte Ideologien als simple Lösung favorisiert und unbedachte Gefühls- und Meinungsäußerung mit Authentizität verwechselt, ist auf dem Holzweg. Ohne Kooperation, Solidarität und Altruismus stürzen wir (uns) immer schneller ins Verderben.

 

Einzigartigkeit statt Selbstoptimierung

 

Bleibt zu hoffen, dass postmodernes und integrales Bewusstsein schnellstmöglich die kritische Masse erreichen und zu einem Umdenken bei den Entscheidern auf diesem Planeten führt. In Anbetracht der internationalen Gesamtlage braucht es eine Menge Optimismus, um nicht zu verzagen. Die Welt ist kalt und unwirtlich, fehlen gemeinsame Werte und Ziele, soziale Kompetenz, würdevolle Beziehungen und Herzlichkeit. Mitgefühl löst Hilfsbereitschaft aus, erzeugt Bindungsgefühle und aktiviert im Gehirn ein Belohnungssystem – helfen macht dankbar und glücklich.

 

Doch birgt selbstloses Handeln (ohne Hintergedanken, Suche nach Bestätigung und Bemühen, es allen recht zu machen) nicht auch das Risiko, sich für andere aufzuopfern, sich selbst auszubeuten? Burn-out kommt gerade in Helferberufen häufig vor, bedingt durch Stress, Überforderung, mitunter fehlendes Feedback und mangelnde Anerkennung. Altruismus hat es schwerer, sich unter Leistungs- und Wettbewerbsdruck zu entfalten. Der Kontext und das System stellen die Weichen.

 

Trotzdem: Keine Angst vor selbstlosem Handeln! Denn niemand kann Selbst-los sein, sich selbst verlieren. Wir sind immer im Urgrund, dem wahren, universalen Selbst aufgehoben. Und auch unser kleines, personales Selbst, das Ego, lässt sich lediglich hinten anstellen. Nächstenliebe schließt Eigenliebe nicht aus. Wir können uns nur selbst vergessen. Wirken wir dem bewusst entgegen! Verbannen wir, zumindest im Alltag und im privaten Umfeld, den Leistungsgedanken, ersetzen wir Selbstoptimierung durch ganzheitliche Selbstverwirklichung und Selbstbewusstsein – und haben die eigenen Bedürfnisse mit im Boot. Die uns signalisieren, wann wir uns in die Stille zurückziehen und auf uns selbst besinnen müssen, damit wir neue Kraft tanken. Und anschließend wieder eintauchen in eine Welt, in der in Wahrheit alles eins ist und der wir in der verkörperten Form unser Potenzial, unser einzigartiges Selbst zum Geschenk machen.

 

Der methaphysische Klebstoff von allem, für mehr Respekt, Zusammenhalt, Hilfsbereitschaft, Gemeinsinn – um noch einmal Ken Wilber zu zitieren – und die wohl wichtigste menschliche Emotion ist: „Die Liebe, die man in seinem Herzen für etwas, jemanden oder gar alles spürt“.


Auch das Ego braucht Liebe

Das Ego lieben heißt seine Bedeutung, seinen Wert und seine Funktion anerkennen und es gleichzeitig auch in seiner Begrenztheit und seiner begrenzenden Wirkung zu erkennen.  Von Vandan Ulf Münkemüller, HP (Psych.), Bielefeld

Da allein schon der Begriff "Ego" inzwischen negativ beladen ist, nenne ich diesen Aspekt unserer Psyche "Retter & Beschützer", denn das bezeichnet und anerkennt, auf eine liebevolle Weise, seine Funktion.

Wenn ich mein Ego geringschätze und ablehne, stärke ich es auf subtile Art, denn es ist letztlich das Ego selbst, das sich ablehnt und bekämpft. Wenn ich möchte, dass es sich beruhigt und den Weg freimacht für mehr Sinn und Liebe, für mehr Lebendigkeit in meinem Leben, muss ich es anerkennen und lieben lernen.

 

Unser Ego hat sich notwendigerweise, vom Beginn unseres Erdendaseins an entwickelt, um unser Leben zu retten und zu beschützen. Ohne unser Ego wären wir gar nicht mehr hier, wir wären längst gestorben, und unsere Seele hätte nicht mehr die Möglichkeit, in diesem Körper weitere Erfahrungen zu machen, sich in diesem Leben weiter zu entfalten.

 

Unser "Retter & Beschützer" sorgt dafür, dass wir am Leben bleiben, indem er unerträgliche Gefühle und Impulse unterdrückt, sie ins Unterbewusstsein verschiebt und dort sozusagen zwischenlagert, solange die Wahrnehmung und der Ausdruck dieser Gefühle und Impulse real lebensbedrohlich ist oder scheint. Außerdem sorgt er mit allen erdenkbaren Tricks und Mechanismen dafür, dass wir in der Mangelsituation unseres späteren Lebens an möglichst viel Energie in Form von Anerkennung und materiellen Gütern kommen.

 

Das Ego ist überzeugt, in einer feindlichen Welt zu leben, es handelt aus Angst vor dem Tod und nicht aus Liebe. Sein Ziel ist es, das Überleben des Körpers zu sichern und damit die Basis unseres Menschseins. Das ist seine Aufgabe, seine Funktion und auch seine Leistung, und hierfür verdient es wahrhaft unseren Dank und unsere Anerkennung.

 

Was das Ego nicht leisten kann, ist mehr Liebe, mehr Lebendigkeit und damit mehr Sinn in unser Leben zu bringen, denn gerade durch die Reduzierung unserer Lebendigkeit hat es uns ja gerettet und tut dies vermeintlich auch noch heute.

 

Wenn wir unsere Bedürfnisse nach mehr Liebe, Sinn und Leben erfüllen wollen, brauchen wir einen Weg am Ego vorbei. Als unser „Retter und Beschützer“ steht es wie ein Türwächter an der Pforte unseres Unterbewusstseins und verhindert das Auftauchen unterdrückter Gefühle und Impulse, da diese von ihm noch immer als lebensbedrohlich erlebt und bewertet werden.

 

Wenn wir heilen und uns entwickeln wollen, muss das Ego diesen Weg freimachen, es muss an die Seite treten und sich entspannen, und das kann und tut es eben nicht, wenn es bekämpft und abgelehnt wird.

 

Bekommt es hingegen die ihm gebührende Liebe und Anerkennung, entspannt es sich gern, schont seine Kräfte für echte Notsituationen und ermöglicht dadurch die wirklich wunderbare Entwicklung und Entfaltung unseres seelischen Potenzials.


Ich bin dann mal authentisch

Laut Duden sind Echtheit, Glaubwürdigkeit, Sicherheit, Verlässlichkeit, Wahrheit und Zuverlässigkeit Synonyme für "Authentizität". Man kann guten Gewissens behaupten, dass dieser Begriff positiv besetzt ist.  Von tg

Als authentisch gelten z. B. vom Gesetzgeber veröffentlichte Wortlaute einer Bestimmung oder für echt befundene Artefakte. Bestimmte "ursprünglich tonangebende" Kirchentonleitern werden als authentisch bezeichnet. Ebenso – von seinen Fans – ein Rockstar, der auf eindringliche Art und Weise von Dingen "erzählt", die er am eigenen Leib erfahren und erlebt haben muss. Am letzten Beispiel merken wir, dass an ihrer Authentizität gemessene Personen uns emotional stark berühren können, und dass unsere Einschätzung – unser eigenes Authentischsein eingeschlossen – subjektiv ist und nicht unbedingt zutreffend sein muss.

 

Lassen wir Gesetze, Artefakte und Kirchentonleitern außen vor, bleiben wir beim Menschen. Psychoanalytiker, Philosoph und Sozialpsychologe Erich Fromm benennt wichtige Kriterien für Authentizität: "Wissen was die eigene Person ausmacht. Bewusst aus eigenen Quellen leben. An die seelischen Ressourcen kommen, keine Fassadenexistenz führen ..." Wir dürfen also nicht im "oberflächlichen Nachmachen" steckenbleiben. Erst ein langer, aufrichtiger Entwicklungsweg führt uns zu Selbsterkenntnis und Bewusstsein. Was uns wirklich authentisch macht, ist ein tief empfundener, er-füll-ter individueller Ausdruck unserer Einzigartigkeit.

 

Dreh- und Angelpunkt ist der Körper. Ihn wirklich zu fühlen, als lebendigen Seinsort, als innere Heimat, ist die Voraussetzung für authentische Bewegung im und durchs Leben. Das zu erfahren geht zuallererst in Ruhe. Wir müssen die aufgeregten, überlasteteten Sinne langsam hinunterfahren, erst einmal ankommen im Atem, im Hier und Jetzt. Wenn Bewegung aufhört und zur Ruhe kommt, erfahren wir das innere Strömen und Fließen. Wir lassen geschehen, spüren hinein und sind ganz einfach achtsam.

 

Unser Platz im Kosmos

 

Aus Ruhe und Beisichsein entsteht Bewegung "aus der Mitte heraus", Bewegung, die sich anders anfühlt und anders ausdrückt, als die von Unbewusstheit, Stress und Automatismen initiierte. Unser Handeln bekommt mehr Tiefe und Verantwortung, wird variabler, fließender, offener, intuitiver, bezieht in jeder Situation viele Perspektiven ein. Und entscheidet sich für die im Moment als "richtig" erachtete Sichtweise, mit den daraus entstehenden Konsequenzen.

 

Natürlich ist es wichtig, dass wir Geist und Seele mit ins Boot nehmen. Bei der Innenschau gehen wir der maßgeblichen Frage "Wer bin ich?" auf den Grund und kommen unseren Blockaden, Verletzungen, Schatten, Strukturen und vielfältigen, häufig unangenehmen Emotionen auf die Spur. Es gilt, alles mit der gleichen liebevollen Zuwendung wahrzunehmen wie das, was rund (in uns) läuft. Gerade diese empfindlichen Bereiche sollten sorgsam erforscht und behandelt werden. So werden sie Stück für Stück ein bewusster Teil von uns und erfahren Heilungsimpulse. Dazu brauchen wir zudem Unterstützung von außen, etwa das Feedback unserer Umwelt und professionelle Hilfe von Therapeuten und spirituell "Bewanderten".

 

Entschleunigung, Achtsamkeit und Selbstfürsorge sind gerade in unserer hektischen Zeit besonders wichtig. Nur, wenn wir in einem inneren, liebevollen Kontakt mit uns (und anderen) sind, können wir in jedem Augenblick aus der Fülle unseres Potenzials schöpfen, so entstehen Stärke, Durchsetzungskraft und Hingabe an die Schönheit und das Geheimnis unserer Existenz. Dabei bedeutet authentisch sein ebenso, Schwächen akzeptieren. Fehler machen dürfen. Und diese mithilfe von Selbstreflexion und Feedback korrigieren.

 

Wir lernen unser wahres Selbst und unseren Platz im Kosmos besser kennen, werden zu einer "Einheit", die ihr eigenes Denken, Fühlen und Handeln als möglicht bewusst, intensiv, konsequent, sinnvoll – als stimmig und authentisch wahrnimmt. Nicht mal eben so. Nicht immer, aber immer öfter. Und voller Freude, Neugier, Liebe und Demut.