ERLESENES  Sachbuch  Ernährung

Zu Löwenstein, Felix: FOOD CRASH

Ernährung

Von tg

 

Bereits im Untertitel seiner Veröffentlichung zum Thema "globale Ernährung" zieht der Autor ein so eindeutiges wie aufrüttelndes Fazit: "Wir werden uns ökologisch ernähren oder gar nicht mehr".

 

Dass es sich bei der eindringlichen Aufmachung nicht (nur) um eine verkaufsfördernde Maßnahme handelt, beweist der Agrarwissenschaftler, Biolandwirt und politisch engagierte Vertreter der deutschen Bio-Branche Dr. Felix Prinz zu Löwenstein fundiert anhand vieler Fakten und (positiver wie negativer) Beispiele. Er benennt deutlich "Ross und Reiter", wenn es um die Auswirkungen der konventionellen, industriellen Lebensmittelindustrie geht, und tut dies sachlich und integer. Die Leser werden informativ und sorgfältig zur im Untertitel vorweggenommenen Schlussfolgerung geführt. Dabei bleibt es nicht bei vagen Ideen. Konkrete Vorgaben an die Politik, aber auch Maßnahmen, die jeder umsetzen kann und sollte, weisen den machbaren Weg – für den es keine Alternative gibt, wenn wir unseren Kindern und Enkeln eine lebenswerte Welt überlassen wollen.

 

"Der Ökolandbau hat ein großes Potenzial, auf ökologisch und sozial nachhaltige Weise mehr Lebensmittel zu erzeugen."

 

Ein wichtiges Buch, das Pflichtlektüre für die politisch Verantwortlichen werden sollte, für die in Landwirtschaft und Agrarindustrie Tätigen und letzlich für jeden bewussten Verbraucher!

 

"FOOD CRASH – Wir werden uns ökologisch ernähren oder gar nicht mehr" von Felix zu Löwenstein, Pattloch Verlag, 320 Seiten.

Bewusste Ernährung – Das ZEITENWENDE-Interview

Er bewirtschaftet sein Hofgut Habitzheim biologisch, engagiert sich als Präsidiumsmitglied des Anbauverbandes Naturland, als Vorstandsvorsitzender des Bundes der ökologischen Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) und im Vorstand des Forschungsinstituts für biologischen Landbau (FiBL) Deutschland. Dr. Felix Prinz zu Löwenstein erklärt warum (auch) bei den Konsumenten ein Bewusstseins- und Kulturwandel stattfinden muss.  Von tg

ZEITENWENDE: Herr zu Löwenstein, Sie haben selbst 6 Jahre lang konventionell gewirtschaftet. Was hat sie dazu bewogen, auf "Bio" umzusteigen?

 

Felix zu Löwenstein: Mir war zunehmend unwohl beim Einsatz von Chemie in der Landwirtschaft – also dem Ausbringen von naturfremden und in entsprechender Konzentration hoch toxischen Stoffen in die belebte Umwelt. Als ich dann verstanden hatte, dass ökologischer Landbau technisch machbar und ökonomisch tragfähig ist, habe ich umgestellt.

 

ZW: Es ist immer wieder zu hören, dass biologisch erzeugte Lebensmittel nicht besser sind als konventionell erzeugte, und dazu noch zu teuer. Stimmen diese pauschalen Behauptungen?

 

FzL: Rechnet man bei konventionellen Lebensmitteln all die Kosten hinzu, die in der Umwelt und für die Lebenschancen künftiger Generationen angerichtet werden, dann sind sie nicht billiger, sondern teurer als Bioprodukte. Was die Qualität betrifft: Wenn es nur um den Vergleich von Schmackhaftigkeit, Frische, Keimbelastung etc. geht, so ist es bei Bioprodukten genauso wie bei konventionellen. Entscheidend ist die Kompetenz und Sorgfalt des Herstellers, nicht die Herstellungsweise. Wenn die Belastung mit Umweltgiften oder der Gehalt an gesundheitsförderlichen Inhaltsstoffen betrachtet wird, schneiden Bioprodukte deutlich besser ab.

 

ZW: "Nur die industrielle Landwirtschaft kann den Hunger der wachsenden Weltbevölkerung stillen", ist ein beliebtes Argument von Lebensmittelproduzenten, Agrar- und Chemiekonzernen. Auch die Einführung der Gentechnik wurde so begründet. Im Untertitel Ihrer aktuellen Buchveröffentlichung "FOOD CRASH" stellen Sie dem entgegen: "Wir werden uns ökologisch ernähren oder gar nicht mehr".

 

FzL: Eine Landwirtschaft, die Ressourcen wie Energie, sauberes Trinkwasser oder Biodiversität in einem größeren Umfang verbraucht, als sie uns zur Verfügung stehen, ist nicht zukunftsfähig, egal wie hohe Erträge damit produziert werden. Das ist der Grund, weshalb nur eine ökologische Landwirtschaft dauerhaft funktionieren wird – eine Landwirtschaft, die im Einklang mit der Natur arbeitet, von der sie lebt. In meinem Buch ist ausführlich davon die Rede, dass solche Konzepte schon heute entwickelt werden und funktionieren. Abgesehen davon wird der Skandal des Hungers einer Milliarde Menschen auf dieser Erde durch viele Parameter verursacht, die mit der Produktivität, also der Erzeugung je Hektar Acker, nichts zu tun haben.

 

ZW: Billiges Fleisch gehört vor allem in der westlichen Welt zum "täglichen Brot". Tiere werden dazu unter unwürdigen Lebensbedingungen zu Massen eingepfercht, mit Medikamenten "ruhig gestellt" und mit "Einheitsfutter" gemästet. Abgesehen von den gesundheitlichen Risiken beim Verzehr dieses Fleischs und den für die Umwelt katastrophalen Folgen, wie die Verunreinigung der Gewässer durch Gülle – brauchen wir nicht endlich auch Richtlinien für einen ethischen Umgang mit Tieren?

 

FzL: All das hängt eng zusammen. Die bedrückenden Bedingungen, in denen unsere Haustiere wie Fabrikgüter gehalten und behandelt werden, sind die Voraussetzung für billige Schnitzel und Eier. Die Probleme, die von dieser industriellen "Tierproduktion" in der Umwelt verursacht werden, sind deren logische und unausweichliche Folge. Eine Haltung von Tieren, die deren elementarsten Grundbedürfnisse berücksichtigt, ist unter solchen Voraussetzungen nicht möglich!

 

ZW: Was kann jede Einzelne / jeder Einzelne tun, um sich "bewusst" zu ernähren, und dabei gleichzeitig Verantwortung für andere Menschen, Tiere, Pflanzen und letzlich den gesamten Planeten Erde übernehmen?

 

FzL: Auch wenn wir noch viel Verbesserungs- und Entwicklungsarbeit vor uns haben: der Ökologische Landbau ist die Form der Produktion von Lebensmitteln, die den Weg zu einer nachhaltigen, ökologisch vertretbaren Landwirtschaft bereitet. Das geht nur mit der Unterstützung der Verbraucher, die seine Produkte kaufen. Das ist die "private" Seite des erforderlichen Engagements. Wir müssen aber auch von der Politik verlangen, die dringend nötige Transformation zu einer nachhaltigen Landwirtschaft einzuleiten. Auch hier ist unser aller Einsatz gefordert!